Dienstag, März 19, 2024
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Was sich Start-ups von Corporate Acceleratoren erhoffen – und warum sie es oft nicht bekommen

In seiner „Global Start-up Fundraising Survey“ hat der Innovation Hub wayra untersucht, in welchen Bereichen Start-ups Corporate Investoren besonders vertrauen, wenn sie sich in deren Start-up-Programmen fördern lassen. Das Ergebnis ist eindeutig: Auf hohe Erwartungen folgt schnell Ernüchterung. Wir erklären, worauf sich Start-ups einstellen müssen und wie sie von einer Zusammenarbeit profitieren können.

Um Ressourcen aufzubauen und schnell wachsen zu können, sind Start-ups fast immer auf externe Finanzierung angewiesen. Neben den klassischen Kapitalgebern rücken dafür zunehmend auch die Acceleratoren etablierter Unternehmen aufs Radar. Deren Förderung  eröffnet eine Vielzahl an Möglichkeiten und Start-ups versprechen sich entsprechend viel von der vorhandenen Marktmacht und der Expertise erfahrener Teams.

Im diesjährigen Global Start-up Fundraising Survey haben wir mit wayra, dem Open Innovation Hub des Telekommunikationskonzerns Telefónica, untersucht, was genau sich Start-ups von Investoren erhoffen – und wie sie das Ergebnis der Zusammenarbeit bewerten. Dies sind die 5 wichtigsten Erkenntnisse und Empfehlungen:

Investoren als erste Kunden

Für die befragten Gründerinnen und Gründer ist es von wesentlicher Bedeutung, dass ihre Investoren auch ihre ersten Kunden werden. Dafür sehen sie die größten Chancen bei Corporate Investoren. Insgesamt bewerten die befragten Start-ups das Potenzial aber als zu wenig genutzt. Die erste Erkenntnis: Auch wenn es am Anfang leicht klingt – bis ein Investor Kunde wird, kann es lange dauern und trotz der zugesagten Kooperation gibt es Hürden und Fallstricke. Ein weiterer Grund: Viele Unternehmen fördern Start-ups, ohne einen konkreten Bedarf für deren Lösungen zu haben. Deshalb ist es wichtig, dass Start-ups das Thema Investoren-Kundschaft zu Beginn der Partnerschaft offen thematisieren und gemeinsam analysieren, welche Kriterien und Bedingungen dafür erfüllt werden müssen. Besteht kein konkreter Bedarf, sollten Start-ups einen besser passenden Partner wählen.

Investoren als Unterstützer in Marketing und Vertrieb

Auch hier erhoffen sich junge Unternehmen einen Schub, besitzen etablierte Unternehmen doch meist große Vertriebsabteilungen und verfügen über Marketingbudgets, von denen Start-ups oft nur träumen können. Allerdings täuscht das Bild einer starken Marke oft über die tatsächlichen Möglichkeiten hinweg. Von jenen Start-ups, die Corporate VC Fundings erhalten haben, bewerten die Gründer die Potenziale in der Dimension “Marketing & Sales Support” als zu wenig genutzt. Das liegt zum einen daran, dass der Vertrieb meist sehr zielorientiert und eben nicht “visionsgetrieben” agiert – ein neues Produkt muss meist aufwendig erklärt werden und bringt dem jeweiligen Vertriebler bei der Erreichung seiner Sales-Ziele nur bedingt einen Vorteil.

Auch für das Marketing müssen für eine Einbindung klare Gewinne erkennbar sein, denn gerade in umfassenden Vermarktungsstrategien ist man häufig nicht so flexibel, wie man das im Start-up gewohnt ist. Deshalb ist es wichtig, dass zu Beginn der Zusammenarbeit genau festgelegt wird, wo die Anknüpfungspunkte liegen und was das Unternehmen an Support leisten soll – am besten mit eindeutigem Timing und fixen Budgets. Was nicht glasklar festgelegt ist, lässt sich im Verlauf oft nur schwer umsetzen.

Investoren als Unterstützer im Bereich Forschung & Entwicklung

Forschung und Entwicklung findet in Start-ups häufig sehr hemdsärmelig statt – alles nach dem Prinzip Trial & Error. Und das ist auch gut so, denn genau das macht Start-ups so innovativ. Nichtsdestotrotz wünschen sich Gründerinnen und Gründer von ihren Corporate Investoren, sie in diesem Bereich zu unterstützen. Zum einen, um die Produktentwicklung zu professionalisieren, und zum anderen, um die Innovationsforschung in strukturierten Bahnen zu organisieren.

Allerdings liegt hier auch das Problem, denn Forschung und Entwicklung funktionieren in etablierten Unternehmen häufig anders, als Start-ups sich dies vorstellen: Mühlen mahlen langsam, Projekte werden verschoben und Prioritäten unvermittelt neu gesetzt. Für Start-ups ist es immens wichtig, zunächst zu klären, was genau möglich ist. Nur wenn konkrete Projekte mit Zielvorgaben eingerichtet werden, lässt sich ein Erfolg in diesem Bereich anpeilen. Auf automatische Unterstützung sollte man niemals hoffen.

Investoren als Unterstützer im HR-Bereich

Auch hier verhält es sich bei der Zusammenarbeit zwischen Corporates und Start-ups ähnlich: Start-ups mangelt es oft noch an Fachkräften, sie erhoffen sich durch etablierte HR-Abteilungen zusätzliche Unterstützung bei der Rekrutierung. Leider haben Corporates aber häufig dieselben Probleme wie Start-ups und suchen selbst händeringend nach geeignetem Personal. Wer sich erhofft, dass das Veröffentlichen der eigenen Ausschreibungen in einem starken Markenumfeld schnelle Erfolge bringt, wird rasch enttäuscht.

Und so geben Gründerinnen und Gründer auch insgesamt an, dass das Potenzial in diesem Bereich zu wenig genutzt wird. Allerdings liegt es eben häufig nicht an den generellen Möglichkeiten, sondern am Mangel geeigneter HR-Strategien in den Unternehmen. Hier sollte vorab geprüft werden, wie der Investor aufgestellt ist, ob zum Beispiel moderne HR-Technologien genutzt werden oder Employer-Branding-Konzepte vorhanden sind. Erst dann können Start-ups und Corporates gemeinsam evaluieren, inwiefern eine gegenseitige Unterstützung Sinn macht. Denn auch Corporates können vom frischen Image junger Start-ups bei ihrer Jagd nach Talenten profitieren.

Investoren als Unterstützer in der strategischen Beratung

Wenn junge Innovationskraft auf langjährige Expertise trifft, erhoffen sich Gründerinnen und Gründer eine Mentorenrolle vom Investor. Ziel ist es, strategische Unterstützung beim Aufbau des Start-ups zu bekommen, um das junge Unternehmen strukturiert wachsen zu lassen. Sehr häufig ist es jedoch so, dass Start-ups beim fördernden Unternehmen nicht einmal einen festen Ansprechpartner haben, geschweige denn einen Mentor, der sie bei der strategischen Entwicklung unterstützt.

Entsprechend bewerten die befragten Gründerinnen und Gründer die entsprechenden Potenziale auch als viel zu wenig genutzt. Grundsätzlich sollten sich junge Unternehmer hier nicht zu große Hoffnungen machen – dass sich der CEO des Corporates mit ihnen zusammensetzt, um regelmäßig die Strategie zu besprechen, ist illusorisch. Funktionieren sollte jedoch die klare Definition von Ansprechpartnern und eine festgelegte Rollenverteilung: Was kann der Ansprechpartner leisten, wo kann er Kontakte herstellen oder Feedback für die Unternehmer einholen? Sind die Möglichkeiten und Ziele geklärt, lassen sich auch Erfolge in der strategischen Entwicklung erzielen.

Bevor sich Start-ups also von großen Namen verführen lassen, müssen sie sich darüber klar werden, was genau sie von einer Zusammenarbeit mit Corporates erwarten. Gemeinsam mit dem Unternehmen sollte zu Beginn evaluiert werden, wie eine Zusammenarbeit gestaltet werden kann, die die Ziele beider Parteien berücksichtigt. Nur auf diese Weise lässt sich Frust über ungeklärte Erwartungen vermeiden und eine Win-win-Situation erreichen, in der Start-ups und Corporates von den Stärken des anderen profitieren.

Autor: Katrin Bacic

Katrin Bacic ist seit Januar 2018 Head of Venture Development bei Wayra Deutschland, dem Start-up-Accelerator der Telefónica. In dieser Position bildet sie die Schnittstelle zwischen Investoren, Stakeholdern und externen Förderprogrammen sowie den gescouteten Start-ups. Vor ihrer Zeit bei Wayra war Bacic bereits mehr als 13 Jahre im Bereich Innovation und Business Development bei der Telefónica tätig. Ihr Themenschwerpunkt liegt in den Bereichen Digitale Transformation, Corporate Innovation, Venture Development, Venture Capital und agile Arbeitsmethoden.

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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