Samstag, April 20, 2024
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Von Anfang an ein gutes Zahlengerüst haben und dieses regelmäßig beobachten und aktualisieren

Swimsol Photovoltaikprojekte auf den Malediven

Stellen Sie sich und das Startup Swimsol kurz unseren Lesern vor!
Mein Name ist Martin Putschek, ich bin Betriebswirt und habe mich immer schon viel mit Technik beschäftigt. 2012 habe ich mit Swimsol ist ein Unternehmen gegründet, welches sich auf Photovoltaikprojekte in tropischen Inselregionen, allen voran den Malediven, spezialisiert hat. Während einer Geschäftsreise für meinen ehemalige Arbeitgeber, eine deutsche Photovoltaikfirma, bin ich im Jahr 2009 nach mehreren Stationen auf den Malediven gelandet. Dort habe ich festgestellt, dass der Strom dort ausschließlich mit Dieselgeneratoren hergestellt wird, die bei weitem teuerste Art der Elektrizitätsgewinnung. Pro Jahr werden auf den Malediven mehr als 400 Millionen Liter davon verbrannt.

2014, als die Rohölpreise noch bei deutlich über 100 USD/Barrel lagen, stellten Kraftstoffe, allen voran Diesel, in monetären Werten ein Viertel aller Importe dieses Landes dar! Gleichzeitig scheint auf den Malediven fast jeden Tag die Sonne, womit sich ein enormes Potential für Solarenergie ergibt. Allerdings sind die meisten Inseln so klein und häufig dicht besiedelt, dass eine Photovoltaikanlage auf Dächern selten mehr als 5-10% des Dieselverbrauchs einsparen kann.

So entstand die Idee, ein schwimmendes Photovoltaiksystem für geschützte Meeresbereiche zu entwickeln, welches wellenresistent ist und den korrosiven Bedingungen im Meer standhalten kann.

Mit einem entsprechend großen System und einer Batterie könnten damit die Dieselgeneratoren auf den Inseln tagsüber komplett ausgeschaltet werden, so der Plan. Aus einer Kooperation mit der Technischen Universität Wien entstand dann unser Produkt SolarSea, das erste kommerzielle schwimmende Photovoltaiksystem fürs Meer. 2014 wurden die ersten Anlagen auf den Malediven errichtet, seit vergangenem Jahr hat das Unternehmenswachstum bei uns deutlich an Fahrt aufgenommen. Für unsere Entwicklung wurden wir mit diversen Innovationspreisen ausgezeichnet, besonders stolz sind wir auf den letztjährigen Gewinn des Houska-Preises der B&C Privatstiftung.

Warum haben Sie sich entschieden ein Unternehmen zu gründen?
Ein Unternehmen zu gründen heißt, seine eigene Vision umzusetzen und im besten Fall ein bestehendes Problem zu lösen, das einem persönlich wichtig ist. Als ich damals auf den Malediven die unökologische und unökonomische Art der Elektrizitätsgewinnung erlebt habe, dachte ich mir, „es muss da doch eine bessere Alternative geben“! Swimsol habe ich im Prinzip gegründet, weil ich sehen wollte, ob das wirklich so ist, und weil es etwas Neues war, das noch niemand anderer macht.

Und weitergeführt, um gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen den Malediven und anderen Inselregionen eine Alternative zu bieten.

Welche Vision steckt hinter Swimsol?
Zugang zu einer stabilen Stromversorgung ist eine zentrale Voraussetzung, um die Lebenssituation von Menschen in sogenannten Entwicklungsländern zu verbessern. Tatsächlich weisen die meisten Inselstaaten ein sehr geringes Einkommen auf, manche gehören sogar zu den sogenannten „least developed countries“. Gleichzeitig gibt es heute einen breiten Konsens, dass ökonomische Entwicklung nachhaltig verlaufen muss, was ganz besonders die Energiegewinnung betrifft.

Unsere Vision ist es, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern in Inselregionen zu minimieren und eine sichere, saubere und günstige Stromversorgung bereitzustellen.

Ganz konkret haben wir uns im Falle der Malediven das Ziel gesetzt, mittelfristig 30 Prozent des Stroms mit unseren schwimmenden Solarkraftwerken herzustellen. Längerfristig wollen wir diese Quote auf deutlich über 50 Prozent erhöhen, was jedoch noch einige Fortschritte und Kostensenkungen bei Energiespeicherlösungen bedarf. Zukünftig wollen wir dann auch andere Märkte wie Südostasien erobern, wo es mehr als 20 tausend Inseln gibt und wo sich der Strombedarf in den kommenden 8 Jahren verdoppeln soll.

Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Herausforderungen gab es sehr viele. Zunächst einmal ist die Entwicklung solch einer Technologie, genauso wie übrigens die Errichtung von (schwimmenden) Photovoltaikanlagen, sehr kapitalintensiv. Das heißt, wir mussten kapitalkräftige Investoren an Bord holen und haben zudem zu Beginn einiges an Zeit dafür verwendet, Förderungsanträge zu schreiben – glücklicherweise mit viel Erfolg. Wir haben seit der Unternehmensgründung 2,5 Millionen Euro an Eigenkapital eingesammelt und den gleichen Betrag noch einmal in Förderungen erhalten. Momentan sind wir gerade bei der dritten Kapitalrunde, bei welcher wir 5 Millionen Euro einsammeln wollen.

Zudem haben wir eines unserer letzten Photovoltaikprojekte sehr erfolgreich per Crowdfunding finanziert und bereiten gerade eine weitere Kampagne mit der deutschen Plattform Econeers vor, welche Ende Februar online gehen wird. Von der technologischen Perspektive war die Entwicklung des Systems komplizierter als ursprünglich gedacht, da die Kräfte im Meer durch Wellen, Strömungen und Wind sehr komplex sind. Wir haben gottseidank ein exzellentes technisches Team, welches diese Herausforderungen sehr gut bewältigt hat. Aus der Vertriebsperspektive hat es länger als gedacht gedauert, unsere Kunden auf den Malediven für Solarstrom zu begeistern, selbst wenn es um konventionelle Aufdach-PV-Anlagen ging.

Mit der Installation der ersten größeren Anlagen konnten wir jedoch sämtliche Vorbehalte ausräumen, womit die Nachfrage auf den Malediven nach unseren Systemen im vergangenen Jahr massiv angestiegen ist.

Wer ist die Zielgruppe von Swimsol?
Momentan arbeiten wir auf den Malediven in erster Linie mit Inselhotelresorts zusammen, welche einen enormen Dieselverbrauch aufweisen. Durch unsere Systeme können die Hotels auf eine ca. 30 Prozent günstigere Stromversorgung zurückgreifen. Da wir ein Finanzierungmodell anbieten, können die Hotels diese Einsparungen sogar ohne jegliche Investition vom ersten Tag an realisieren. Durch dieses wirtschaftliche Interesse laufen die Entscheidungsprozesse häufig deutlich schneller als in der öffentlichen Hand und ermöglichen es uns, unsere Technologie zu etablieren. Da wir bisher das einzige Unternehmen mit einem kommerziellen meerestauglichen schwimmenden Solarsystem sind, ist dies auch die Voraussetzung, um öffentliche Ausschreibungen überhaupt möglich zu machen.

Selbstverständlich ist es uns ein großes Anliegen, unsere Technologie auch den von Einheimischen bewohnten Inseln zugänglich zu machen.

Wie funktioniert SolarSea? Wo liegen die Vorteile?
Die schwimmende Unterkonstruktion, auf welcher sich die Paneele befinden, besteht im wesentlichen aus Aluminiumprofilen, Edelstahlknoten und Schwimmkörpern. Eine Plattform hat eine Fläche von knapp 200 Quadratmetern und ist 3 Meter hoch. Die Hälfte der Plattform ist unter der Wasseroberfläche und die andere darüber, wodurch sie Wellen mit einer Höhe von bis zu 1,5 Metern standhält. Die Plattform wurde zudem so entwickelt, dass sie Wellen und Wind eine sehr niedrige Kontaktfläche bietet, wodurch die Kräfte, welche auf die Plattform wirken, minimiert werden.

Die Plattformen werden am Meeresboden verankert und mit einem Unterwasserkabel mit der Insel verbunden.

Prinzipiell ist die Technologie teurer als ein System am Land und somit weniger als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zu sehen, wenn der Platz an Land nicht ausreicht. Allerdings haben wir festgestellt, dass die Energieproduktion im Vergleich zu einem Aufdach-PV-System bis zu 10 Prozent höher ist, weil die PV-Module über dem Meer deutlich kühler bleiben.

Swimsol, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Wir wollen vor allem in unserem aktuellen Hauptmarkt, den Malediven, weiter wachsen und hoffentlich bald unsere ersten schwimmenden Photovoltaikanlagen im Megawattbereich errichten. Gleichzeitig sollen dieses und die kommenden Jahre mehrere Projekte in neuen Märkten wie den Seychellen, Malaysia, Indonesien, Singapur, Thailand, Palau und so weiter dazukommen. Früher oder später könnte natürlich auch das eine oder andere Konkurrenzunternehmen auftauchen, somit wird ein wichtiges Ziel sein, langfristig die Markt- und Technologieführerschaft aufrechtzuerhalten.

Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
1. Zusammen ist man weniger allein! Gemeinsam mit anderen gründen ist sehr viel einfacher und angenehmer. Dabei unbedingt auf Sympathie, Identifikation mit der Idee und Qualifikation achten. Die Leute gut genug kennen, nur bei positivem Gefühl entscheiden, keine Kompromisse eingehen.

2. Zahlen, Zahlen, Zahlen! Von Anfang an ein gutes Zahlengerüst haben und dieses regelmäßig beobachten und aktualisieren. Außerdem auf saubere Administration schauen, das holt einen sonst später ein.

3. Helfen lassen! Von anderen helfen lassen, die bereits Erfahrung gesammelt haben. Offen über Eure Ideen reden. Es tut sich mit 99,99% Wahrscheinlichkeit niemand an, Euch eure Idee wegzunehmen und selbst umzusetzen. Früh Investoren hereinnehmen, wenn sie sowohl Knowhow als auch Geld einbringen. Sie helfen wesentlich mehr, als Euch die abgegebenen Anteile kosten, und bringen in Krisenzeiten Stabilität. Auch hier nach Gefühl gehen, Sympathie muss vorhanden sein.

Weitere Informationen finden Sie hier

Wir bedanken uns bei Martin Putschek für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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