Freitag, März 29, 2024
StartStartupsGründer helfen Gründern: Gemeinsam durchstarten

Gründer helfen Gründern: Gemeinsam durchstarten

Zwei Startups zeigen, wie sie gemeinsam durchgestartet sind, als (noch) keiner an sie glaubte

Aller Anfang als Startup ist schwer – vor allem, wenn die Idee zunächst nur auf dem Papier existiert. Um Investoren vom Geschäftsmodell zu überzeugen, sind erste Kunden und Partner notwendig – doch ohne valide Zahlen und große Erfolge lassen sich diese schwer überzeugen. Ein Weg, seine Idee am Markt zu testen und wichtige Erkenntnisse für den Start zu sammeln, ist die Partnerschaft mit einem anderen Startup. So haben sich die beiden Gründer Philip Brohlburg und Christian Athen mit ihren Startups Ahead, einem Nahrungsergänzungsmittel, und odc, einer Fulfillment-Plattform, durch geschickte Zusammenarbeit zu einem erfolgreichen Start verholfen und gegenseitig etabliert. Ihre ersten gemeinsamen Schritte und Learnings geben sie in einem Erfahrungsbericht wieder.

Netzwerk vor Investment

Bereits vor der Gründungsphase zahlt sich eines sofort aus: ein starkes Netzwerk! Jede Stadt bietet diverse Events und Beratungsstellen von städtischen oder privaten Initiativen wie Wirtschaftsförderung, Handelskammer, Universitäten oder Unternehmen. Die Gründer von Ahead nutzten diese Plattformen und merkten schnell, dass diese wie eine Kettenreaktion funktionieren können: „Bei einer Veranstaltung der Hamburger Handelskammer haben wir nicht nur Unterstützung für einen Förderkredit erhalten. Wir lernten dort auch die Wirtschaftssenioren kennen, mit deren Hilfe wir später unsere erste Listung im Handel erhielten“, erzählt Philip. „Den ersten Kontakt zu unserem Investor haben wir über das Food Innovation Camp von Hamburg Startups bekommen“, ergänzt er. Die Initiative macht das Hamburger Ökosystem sichtbarer und vernetzt die Player miteinander. So lernten sich auch die Gründer von odc und Ahead kennen. 

Zauberwort Skalierbarkeit

Nachdem der Online Shop programmiert und erste Produzenten gefunden waren, stand Ahead vor der großen Herausforderung, wie die Produkte zum Kunden gelangen. Ziel war von Anfang an die Skalierbarkeit der logistischen Prozesse.

„Zu Beginn kann man die Bestellungen noch selbst stemmen. Dies ändert sich jedoch, sobald man den Sprung in den Einzelhandel schafft und plötzlich mehr Ware geliefert werden muss. Alleine ist das nicht möglich, deshalb brauchten wir einen Partner“, sagt Philip. 

Als junges Startup ist es jedoch schwierig, mit etablierten Logistik-Playern wie DHL oder Hermes ins Geschäft zu kommen. Die Abnahmemengen müssen von Beginn an sehr groß sein, damit es sich für die großen Fulfillment-Anbieter rentiert. Auch das innovative Shopsystem von Ahead erschwerte die technische Anbindung, da es hierfür in Deutschland noch keine Schnittstelle gab.  

Zu Beginn zählt das Bauchgefühl

Hier kam das Logistik-Startup odc ins Spiel, die den Markt mit einem neuen Ansatz angehen wollten: einer Fulfillment- und Retourenlösung, die sich besonders an kleine und mittelständische Unternehmen richtet. Zu diesem Zeitpunkt verfügten die drei Gründer nicht einmal über ein Lager – die Kartons von Ahead wurden im Server-Raum gelagert. „Auch wir haben gemerkt, dass die Gespräche mit potentiellen Kunden schwierig sind, wenn man noch keine professionelle Infrastruktur wie ein Lager vorweisen kann“, sagt Christian, CEO von odc. Mit Ahead war dies von Anfang an anders, da sie die Situation selbst gut kannten.

Beim ersten Zusammensitzen der beiden Unternehmen ging es vor allem darum, ein Gefühl füreinander zu entwickeln, offen über Status Quo, Pläne, Ziele und Ressourcen zu sprechen und Vertrauen aufzubauen. Denn bei zwei Startups in der Frühphase, die beide noch keine ausführliche Erfahrungshistorie vorzuweisen haben, zählt besonders das Bauchgefühl. Ohne einen gewissen Vertrauensvorschuss würde solch eine Zusammenarbeit nicht zustande kommen.  

Kooperation als Minimum Viable Product

„Am Anfang kann nicht alles auf Zahlenbasis funktionieren, weil einfach noch keine existieren“, meint Christian. „So eine Kooperation wie bei uns ist am ehesten vergleichbar mit der Entwicklung eines Prototyps, eines sogenannten Minimum Viable Products: Man beginnt mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner und entwickelt sich dann gemeinsam weiter, lernt dazu und wächst an seinen Aufgaben“, ergänzt er. „Trotzdem rate ich, nicht nur auf das ‚worst case scenario‘ vorbereitet zu sein, das Investoren immer abfragen, sondern auch ein ‚best case scenario‘ parat zu haben. Denn nur, wenn man sich ambitionierte Ziele setzt, agiert man mutig“, sagt Christian. 

Der Mut hat sich ausgezahlt und schnell wurden aus weichen Faktoren, wie dem Vertrauensvorschuss, harte Faktoren. Bei Ahead stiegen die Bestellmengen seit Gründung stetig an, so dass der Vertrieb auch aufs Ausland ausgeweitet werden sollte. odc war auf die Anforderungen eingestellt. „Aufgrund des engen Austausches wussten wir, dass odc mit ihrer Plug&Play-Lösung agil und flexibel mitwachsen kann“, sagt Philip. „Ein Partner wie odc ist natürlich auch nahbarer als ein Großkonzern, bei dem man nur eine Nummer ist“, ergänzt der Betriebswirt.

Auch odc profitierte von dem gemeinsamen Start und wendet den damals erarbeiteten MVP-Ansatz noch heute an: „Neue Features testen wir nur mit einem passenden Kunden, bevor es für alle nachgezogen wird. So vermeiden wir, auf das falsche Pferd zu setzen und dabei wichtige Ressourcen zu verschwenden“, meint Christian, der vor seiner Gründung bei Hermes Europe tätig war. 

Enger Austausch ist das A und O

Was beide Unternehmer für sich mitgenommen haben: Besonders in der Anfangsphase ist neben Schnelligkeit, Agilität und Kompromissbereitschaft eine offene und transparente Kommunikation essentiell, damit der Partner sich auf Veränderungen wie wachsende Liefermengen oder strategische Entscheidungen wie eine mögliche Internationalisierung rechtzeitig einstellen kann. Ein Credo, das Philip und Christian auch für die zukünftige Zusammenarbeit aufrechterhalten.

Text: Sandra Hartwig

Sandra Hartwig leitet die Unternehmenskommunikation der Otto Group Digital Solutions (OGDS). Der Corporate Company Builder entwickelt neue Geschäftsmodelle im E-Commerce, Fintech- und Logistik-Bereich, um die digitale Zukunft des Konzerns mitzugestalten. Dafür vereint OGDS die innovativen Ideen und den Unternehmergeist der Startup-Welt mit den Assets der Otto Group, um das Wachstum der Portfoliofirmen zu beschleunigen und sie zu marktrelevanten Unternehmen aufzubauen. 

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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