Freitag, April 19, 2024
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Coronatest am Arbeitsplatz – Was Startups wissen müssen

Regelmäßige Coronatests helfen dabei, Infektionen schnell zu erkennen und eine Weiterverbreitung des Virus zu verhindern. In den vergangenen Wochen wurden die Testkapazitäten bundesweit ausgebaut. Neben PCR-Tests und Antigen-Schnelltests sind mittlerweile auch Selbsttests in Deutschland zugelassen. Sie bieten den Vorteil, dass der Test nicht von geschultem Personal durchgeführt werden muss, sondern jeder sich selbst in kürzester Zeit testen kann – auch am Arbeitsplatz. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick, welche rechtlichen Rahmenbedingungen bei Corontests am Arbeitsplatz zu beachten sind.

Arbeitgeber nicht zum Testen verpflichtet

In den meisten Bundesländern sind Arbeitgeber nicht verpflichtet, Coronatests im Betrieb anzubieten. Bund und Länder hatten Anfang März zwar geplant, dass Unternehmen allen Mitarbeitern, die in Präsenz arbeiten, einmal pro Woche ein Testangebot machen müssen. Aus diesen Plänen wurde allerdings nichts. Die Wirtschaftsverbände haben stattdessen eine Selbstverpflichtung abgegeben und erklärt, dass sie die Testkapazitäten in den Betrieben freiwillig ausbauen. Auch in den jüngsten Verhandlungen am 22. März 2021 haben Bund und Länder sich darauf verständigt, dass es vorerst keine verpflichtenden Testangebote geben soll. Vielmehr sollen die Unternehmen den Mitarbeitern, die nicht im Homeoffice arbeiten, einmal – und bei entsprechender Verfügbarkeit zwei Mal – pro Woche Coronatests anbieten und bescheinigen. Auf Bundesebene ist es somit weiterhin Sache der Arbeitgeber, ob sie ihren Mitarbeitern regelmäßige Tests anbieten. Anfang April wollen Bund und Länder sich dazu wieder beraten.

In Sachsen gelten allerdings schon jetzt strengere Regeln: Hier sind Arbeitgeber seit dem 22. März 2021 verpflichtet, allen Präsenzmitarbeitern mindestens einmal pro Woche einen kostenlosen Selbsttest anzubieten. Auch in Berlin wird die Einführung verpflichtender Coronatest-Angebote diskutiert. 

Testpflicht in bestimmten Berufsgruppen

In bestimmten Berufsgruppen sind Arbeitnehmer sogar verpflichtet, sich regelmäßig testen zu lassen. Das gilt meist in Bereichen, in denen Abstandhalten nicht möglich ist oder regelmäßig Kontakt zu Risikogruppen besteht. Bundeseinheitliche Regelungen gibt es hierfür aber ebenfalls nicht. Es kommt daher immer auf die Coronaschutzverordnung des jeweiligen Bundeslandes an. In Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen müssen sich zum Beispiel Mitarbeiter in Pflegeheimen und bei ambulanten Pflegediensten regelmäßig testen lassen. In Sachsen gilt die Testpflicht auch für Mitarbeiter mit direktem Kundenkontakt, wie bei Verkäufern in Supermärkten.

Präventive Massentests nur mit Einverständnis

Manche Arbeitgeber fragen sich allerdings, ob sie ihre Mitarbeiter zur Durchführung eines Tests verpflichten können, wenn eine Testpflicht gesetzlich nicht geregelt ist. Viele Startups setzen in Zeiten der Coronapandemie zwar verstärkt auf hybride Arbeitsmodelle. Doch nicht immer können alle Mitarbeiter aus dem Homeoffice arbeiten, so dass sich Kontakte im Büro nicht vermeiden lassen. Durch präventive Tests können auch symptomlose Infektionen erkannt und ein Coronaausbruch im Betrieb verhindert werden. Präventive Massentests würden letztlich somit das Infektionsrisiko für alle Mitarbeiter reduzieren. Da ein Test aber einen Grundrechtseingriff darstellt, sind solchen anlasslosen Tests in der Regel nur freiwillig möglich. Verpflichten kann der Arbeitgeber seine Mitarbeiter zur Durchführung eines Tests nicht.

Beim Testergebnis handelt es sich um besonders sensible Gesundheitsdaten, die vom Arbeitgeber nur unter strengen Voraussetzungen erhoben und verarbeitet werden dürfen. Wenn der Arbeitnehmer in die Datenverarbeitung nicht eingewilligt hat und keine gesetzliche Testpflicht besteht, dann ist diese nur möglich, wenn sie zur Ausübung der Tätigkeit erforderlich ist und schutzwürdige Interessen des Arbeitnehmers nicht entgegenstehen. Ohne konkreten Anlass darf der Arbeitgeber einen Test nicht gegen den Willen des Arbeitnehmers anordnen.

Im Verdachtsfall Ausnahme möglich

Ein solcher Anlass, bei dem der Arbeitnehmer einer arbeitgeberseitigen Testanordnung nachkommen muss, kann ausnahmsweise vorliegen, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Infektion bestehen. Davon ist auszugehen, wenn ein Arbeitnehmer Symptome wie Husten oder Fieber hat, die für eine Coronainfektion typisch sind.

In anderen Fällen darf nicht vorschnell davon ausgegangen werden, dass Mitarbeiter zum Testen verpflichtet werden können. So kann der Arbeitgeber beispielsweise nicht einfach anordnen, dass die gesamte Abteilung sich testen lassen muss, wenn ein einzelner Mitarbeiter sich nachweislich mit Corona infiziert hat. Arbeitgeber, die nach einem Coronafall kein Risiko eingehen wollen, können die betroffenen Arbeitnehmer aber für eine gewisse Zeit von der Arbeit freistellen, um sicherzugehen, dass sie keine Coronasymptome entwickeln. Da Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch darauf haben, ihre Beschäftigung tatsächlich auszuüben, darf die Dauer der Freistellung nicht unverhältnismäßig lang sein. Angemessen wäre wohl höchstens ein Zeitraum von bis zu sieben Tagen. Das Gehalt müsste der Arbeitgeber für die Zeit der Freistellung weiterzahlen.

Freistellung bei Testverweigerung?

Etwas anderes gilt, wenn Arbeitnehmer einen Test ablehnen, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet sind beziehungsweise der Arbeitgeber ausnahmsweise einen Test anordnen durfte. Dann kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch unbezahlt freistellen. Da eine unberechtigte Testverweigerung einen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten darstellt, kann der Arbeitgeber dieses Verhalten abmahnen und bei mehrfachen Verstößen das Arbeitsverhältnis sogar kündigen.

Autor: Inka Müller-Seubert

Inka Müller-Seubert ist Rechtsanwältin bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland. Sie berät Unternehmen, vom internationalen Konzern bis zum mittelständischen Unternehmen, in allen Fragen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts sowie des Dienstvertragsrechts.

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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