Dienstag, März 19, 2024
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Wie Corporates von Start-ups profitieren, ohne sich dabei selbst zu sehr im Weg zu stehen

In der Konzernlandschaft sind Accelerator-Programme derzeit ein absolutes Must-Have. Jeder will auf die Start-up-Hype-Welle aufspringen. Etwas außer acht gelassen wird dabei, dass Start-ups sicher keine Allround-Lösung für einen Mangel an Innovationskraft in Unternehmen darstellen.

Christian Lindener, Managing Director von Wayra Deutschland, erklärt wie die Zusammenarbeit mit Start-ups funktionieren kann.

In den letzten sechs Jahren sind allein von deutschen Unternehmen mehr als 200 Acceleratoren, Digital-Labore, Hubs oder Inkubatoren ins Leben gerufen worden. Die meisten von ihnen haben nicht einmal zwei Jahre gehalten – eine eindrucksvolle Demonstration, wie erfolglos viele dieser Programme versuchen, eine möglichst große Anzahl an Start-ups in die Konzernstruktur einzugliedern. Von den Übrigen zahlen nur eine Handvoll tatsächlich auf das ein, was sich Konzerne vom Engagement erhofft hatten – von den oft nicht erfüllten Bedürfnissen und Wünschen der Start-ups ganz zu schweigen. Grundsätzlich ist  den beteiligten Akteuren selten bewusst, wie unterschiedlich beide Welten sind und welch tiefgehendes Verständnis es füreinander bedarf, um eine erfolgreiche Zusammenarbeit auf die Beine zu stellen.

Start-ups gehen nicht auf Corporates ein, Corporates nicht auf Start-ups

Natürlich sind auf beiden Seiten eindeutige Interessen vorhanden. Das etablierte Markenimage der Konzerne ist attraktiv für die jungen, unbekannten Start-ups. Und die Unternehmen erhoffen sich Innovationskraft von den agilen Start-ups. Ziel ist es häufig, mit Hilfe der Jungunternehmen einen kulturellen Wandel umzusetzen. Solche Hoffnungen orientieren sich meist nicht an den Bedürfnissen der Start-ups, sondern lediglich an den eigenen. Die Devise „corporate first“ ist der Grund, warum die meisten Corporate-Accelerator-Programme nur mäßige Erfolge hervorbringen. 

Gleichzeitig hat die Start-up-Szene in den letzten Jahren eine große Zahl von revolutionären Geschäftsmodellen hervorgebracht. Es ist nicht sonderlich schwer, junge Menschen zu finden, die von sich behaupten, innovative Unternehmer zu sein. Doch nicht jeder ist dafür geschaffen, ein skalierbares, hoch digitales, KI- oder blockchaingesteuertes SaaS-Unternehmen zu gründen. Für Unternehmen ist es aufgrund der wenig transparenten, stark gehypten Start-up-Landschaft enorm schwierig geworden, wirklich passende Unternehmen zu finden.

So bringen Corporate-Accelerator einen Mehrwert für Start-ups und Unternehmen

Wichtig ist, dass beide Parteien verstehen, was der Partner bietet bzw. benötigt: Start-ups sind meist Vorreiter in der Erforschung neuer Möglichkeiten – aber schwach in der Umsetzung, weil sie nicht über die Mittel verfügen, um zu skalieren und den Markt zu durchdringen. B2B-Start-ups brauchen eine belastbare Kundenbeziehung mit Corporates, um im Markt Fuß zu fassen und kontinuierlich zu wachsen. Doch ein schnell und flexibel agierendes Start-up spricht nicht unbedingt die Sprache eines Multi-Millionen-Konzerns mit komplexen Prozessen und Abläufen. Daher gelingt  es ihnen selten aus eigener Kraft, eine funktionierende Kundenbeziehung zu einem Konzern aufzubauen.

Im Gegensatz dazu sind große Unternehmen extrem gut in der Umsetzung von Geschäftsstrategien, weil sie bereits erprobte Prozesse und Netzwerke sowie loyale Kunden Ressourcen und eine Markenbekanntheit haben.

Andererseits macht sie ihr durch und durch optimiertes Kerngeschäft mit geringerem Risikoprofil sehr schwerfällig und harmlos bei der „Erforschung“ neuer Chancen. Etablierte Unternehmen brauchen daher Innovationen, die ihnen einen Mehrwert bringen. Das bedeutet, dass die geförderten Modelle zum Kerngeschäft passen und direkt zum Konzernergebnis beitragen müssen.

Der Ansatz, B2B-Start-ups in große Unternehmen eingliedern zu wollen, ist der falsche – ganz einfach deshalb, weil sich in diesem Prozess beide Parteien ihrer Stärken und Potenziale berauben, anstatt voneinander zu profitieren. Stattdessen sollten im Rahmen der Förderung ernsthafte und belastbare Kundenbeziehungen aufgebaut werden. Das ermöglicht dem Start-up zu wachsen und neue relevante Lösungen für das Unternehmen zu entwickeln und gleichzeitig unabhängig, flexibel und agil zu bleiben. 

Anstatt beide Welten gewaltsam miteinander verbinden zu wollen, braucht es einen Übersetzer, damit beide ihre Stärken ausspielen können. Dies ist der eigentliche Zweck von Innovations vehikeln: die Bedürfnisse der unterschiedlichen Stakeholder und ihren Kunden zu ermitteln und das dazu passende Start-up zu finden. In einem konkreten, bezahlten Projekt wird das fördernde Unternehmen mit dem Start-up zusammengebracht und bei der weiteren Skalierung unterstützt. Vom Ergebnis profitieren dann auch wirklich beide Parteien: funktionierende Innovationen für das Unternehmen und eine solide Basis für das weitere Wachstum aufseiten des Start-ups.

Autor: Christian Lindener

Christian Lindener ist seit Februar 2017 Managing Director von Wayra Deutschland. In dieser Rolle verantwortet er die strategische Ausrichtung, die Auswahl und Betreuung von Start-ups und jungen Technologieunternehmen sowie die verstärkte Vernetzung von Wayra mit dem internationalen Start-up-Ökosystem. Seit September 2017 ist er außerdem einer der Regionalleiter Bayern im Bundesverband Deutsche Start-ups.

Wayra ist die weltweit globalste, vernetzte und technologieorientierteste Open-Innovations-Einheit. Wayra verbindet Konzerne wie Telefónica und technologische Disruptoren auf der ganzen Welt und skaliert sie, um beide Unternehmen zu beschleunigen.

Dieser Gastbeitrag ist Teil einer Artikel-Serie, in der Christian Lindener über die Zusammenarbeit von Corporates und Start-ups schreibt.

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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