Freitag, März 29, 2024
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Ein neuer Markt für Startups?

Koalitionsparteien einigen sich auf Legalisierung von Cannabis

Knapp zwei Monate nach der Bundestagswahl haben SPD, Grüne und FDP ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Demnach soll künftig die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken möglich sein. Der Markt hat ein solches Ergebnis aufgrund der Wahlprogramme der Parteien schon seit einiger Zeit erwartet und bereitet sich darauf vor. Es ist daher mit einer deutlichen Steigerung der Investitionsbereitschaft im Cannabis-Sektor zu rechnen.

Kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken zukünftig möglich

Nach der Legalisierung von medizinischem Cannabis im März 2017 soll zukünftig auch die Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken möglich sein. Die Abgabe wird allerdings nicht schrankenlos möglich sein. So soll der Verkauf nur in lizenzierten Geschäften erfolgen. Dadurch soll die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet werden. Der Verkauf von Cannabisprodukten an Jugendliche soll weiterhin verboten bleiben. Zudem planen die Koalitionsparteien eine Verschärfung der Regelungen für Marketing und Sponsoring bei Cannabis.

Entscheidende Fragen zur Umsetzung bleiben ungeklärt

Auch nach der Veröffentlichung des Koalitionsvertrages bleiben jedoch wichtige Fragen zur konkreten Umsetzung offen.

So ist unklar, welche Geschäfte als „lizenzierte Geschäfte“ zukünftig Cannabis zu Genusszwecken abgeben dürfen. Im Vorfeld war diskutiert worden, ob eine Abgabe, wie schon beim medizinischen Cannabis, nur den Apotheken vorbehalten bleiben soll. Dies soll insbesondere eine entsprechende Beratung sicherstellen. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. (ABDA) hatte auch bereits angekündigt, dass die Apotheken hierzu generell bereit wären. Hiergegen wird jedoch eingewandt, dass der Zugang zu legal vertriebenem Cannabis zu Genusszwecken so verkompliziert werden könnte. Es bestehe die Gefahr, dass Kunden sodann doch wieder auf den Schwarzmarkt zurückgreifen. Ziel der Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken ist unter anderem jedoch gerade, den Schwarzmarkt auszutrocknen. Wahrscheinlicher scheint vor diesem Hintergrund, dass sich solche Firmen oder Einzelpersonen um Lizenzen bewerben können, die die entsprechenden Qualitäts- und Sicherheitsstandards vorweisen können.

Eine der größten Hürden dürfte die Frage bilden, wer das Cannabis für Genusszwecke liefern soll.

So ist beispielsweise unklar, ob auch der Anbau von Cannabis zu Genusszwecken in Deutschland erlaubt sein wird. Bislang ist nur der Anbau von medizinischem Cannabis in Deutschland möglich. Dieser ist allerdings denjenigen Unternehmen vorbehalten, die aufgrund eines entsprechenden Vergabeverfahrens einen Liefervertrag mit der beim BfArM angesiedelten Cannabisagentur abgeschlossen haben. Die Menge ist dabei auf 2,6 Tonnen im Jahr beschränkt. Zwar haben sich die heimischen Anbauer von medizinischem Cannabis bereits offen gezeigt, ihre Kapazitäten für Cannabis zu Genusszwecken hochzufahren. Doch der Anbau in Deutschland ist teuer und wird den entstehenden Bedarf nicht decken können.

Auch für medizinisches Cannabis ist die Nachfrage bei weitem höher als die von der Cannabisagentur für den Anbau in Deutschland ausgeschriebene Menge. Dieser Mehrbedarf wird derzeit über Importe aus dem Ausland (insbesondere aus den Niederlanden und Kanada) gedeckt. Dem Import von Cannabis zu Genusszwecken könnten jedoch internationales Recht entgegenstehen. Das UN-Einheitsübereinkommen von 1961 über Suchtstoffe verbietet eine Einfuhr von Cannabis zu Genusszwecken. Die neue Regierung wird hier also kreativ werden müssen, möchte sie einen Zustand wie in den Niederlanden vermeiden. Dort können Kunden Cannabis zwar in kleinen Mengen in Coffeeshops kaufen. Anbau und Handel sind jedoch verboten, so dass Cannabis aus illegalem Handel in den Coffeeshops verkauft wird. Der Schwarzmarkt für Anbau und Handel floriert demnach in den Niederlanden – ein Zustand, den die neue Regierung in Deutschland verhindern möchte.

Der Koalitionsvertrag äußert sich zudem nicht zur Zukunft von medizinischem Cannabis.

Wahrscheinlich scheint daher, dass es auch weiterhin ein streng reguliertes Regime zur Abgabe von medizinischem Cannabis geben wird. Deutschland würde so dem Vorbild aus Kanada folgen, wo ebenfalls die Abgabe von medizinischem Cannabis neben der Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken steht. Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen werden in Deutschland daher aller Voraussicht nach weiterhin einen Anspruch auf Cannabis auf Kosten der Krankenkassen haben. 

Der Markt wird sich für nähere Einzelheiten zur konkreten Umsetzung noch etwas gedulden müssen. Die generelle Entscheidung zur Legalisierung ist jedoch ein positives Signal für den jungen Cannabismarkt in Deutschland.

Autorin:

Dr. Susanne Pech ist Rechtsanwältin bei der internationalen Wirtschaftskanzlei CMS in Hamburg, mit Tätigkeitsschwerpunkten im Bereich Life Sciences & Healthcare, Lebensmittel- und Arzneimittelrecht sowie im Gewerblichen Rechtsschutz. Sie berät regelmäßig deutsche und internationale Unternehmen in regulatorischen Fragestellungen im Zusammenhang mit medizinischem Cannabis sowie Produkten mit CBD.

Bild pixabay

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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