Samstag, April 20, 2024
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Alternative Finanzinstrumente für Investments

Gründen ist meistens davon geprägt, dass vieles improvisiert werden muss und dass es an vielem mangelt. Wenn es jedoch etwas gibt, das praktisch sämtliche Startups zwischen Flensburg und Berchtesgaden ungeachtet ihrer unternehmerischen Ausrichtung eint, dann ist es ein ganz spezieller Mangel: Geld. Genauer gesagt Geld für unternehmerische Investitionen, wenn das frisch gegründete Unternehmen wachsen soll. 

Nun ist Deutschland nicht die USA. Damit fehlen hier auch in monetärer Hinsicht einige wichtige Bausteine, die jenseits des großen Teichs dafür sorgen, dass dortige Gründe definitiv leichteren Zugang zu Geldmitteln haben – nebst einer anderen Mentalität, die in den USA dafür sorgt, dass Scheitern nicht als Schandmal persönlicher Unfähigkeit empfunden wird, sondern schlicht als jederzeit mögliches Risiko.

Dennoch können hiesige Gründer auf einige alternative Instrumente bauen, wenn die herkömmlichen Wege verschlossen bleiben. 

Kreditablehnung 

Es mag heutzutage, primär aufgrund der historisch einzigartigen Niedrigzinssituation, so einfach (und günstig) wie nie zuvor sein, sich Geld auf klassischem Weg bei Banken zu leihen. Startups stellen hier jedoch in aller Regel die totale Ausnahme dar. Die Gründe dafür mögen schlüssig sein, allerdings nicht unbedingt fair:

  • Viele Banken geben Unternehmenskredite erst, wenn eine Firma eine mindestens niedrige mehrjährige erfolgreiche Historie vorweisen kann.
  • Cash Flow ist ein weiterer wichtiger Gradmesser der Banken für unternehmerische Kreditwürdigkeit. Ist er schlecht oder gar negativ, birgt das weniger Potential für die Kreditvergabe. 
  • Gründer selbst sind oft relativ jung an Lebensjahren. Diesem Personenkreis leihen Banken generell nicht gerne Geld, weil es ihm meist an Sicherheitsgarantien mangelt.
  • Viele deutsche Banken sind ausgesprochen konservativ. Daher hegen sie ein Grundmisstrauen gegenüber der ihrer Ansicht nach „chaotischen“ Startup-Szene. Das gilt ganz besonders für Gründungen in weniger etablierten Bereichen.

Man könnte jetzt sicherlich auch noch tief in die sogenannten Basel-Vereinbarungen eintauchen. Sie schreiben Banken vor, mehr Eigenkapital bevorraten zu müssen, um ein geringeres Pleiterisiko zu haben. Da aber viele Startups verhältnismäßig wenig Geld brauchen, tangiert sie das eher am Rande, es muss aber der Vollständigkeit halber erwähnt werden. Unterm Strich heißt das: Wer als Gründer Geld für Investitionen benötigt, hat aus den genannten Gründen bei der Bank meist keine Chance. Das heißt aber nicht, dass es keine anderen Möglichkeiten gäbe.

stock.adobe.com © kerkezz

Factoring

Ein etabliertes Unternehmen mit dickem Eigenkapitalpolster kann es durchaus verdauen, wenn ein Kunde sich mit der Zahlung Zeit lässt – so schmerzhaft es auch hier sein mag. Viele Startups hingegen leben nicht nur sprichwörtlich „von der Hand in den Mund“. Sie sind zur Sicherstellung ihrer operativen Geschäftsfähigkeit darauf angewiesen, dass Kunden ihre Fälligkeiten so rasch wie möglich begleichen.

Je nach Ausrichtung ist das kein Problem. In vielen anderen Fällen jedoch, wo es um „ernsthafte“ Summen geht und darum, als Firma in Vorleistung gehen zu müssen, kann schon eine verzögerte Zahlung bedenkliche Probleme verursachen; zumindest aber die Mittel für Investitionen schmälern. Hier kommt nun Factoring ins Spiel. Es funktioniert folgendermaßen:

  1. Ein Startup hat offene Forderungen gegenüber einem Kunden – belegbare offene Forderungen, ganz gleich ob aus Warenverkäufen oder Dienstleistungen.
  2. Der Kunde ist grundsätzlich durch seine Liquidität dazu befähigt, diese Forderungen zu begleichen. Bloß verzögert er entweder absichtlich, oder der vereinbarte Zahlungstermin liegt untragbar weit in der Zukunft.

In diesem Fall gibt es seit einigen Jahrzehnten einen finanziellen Kunstgriff: Das Startup verkauft einfach seine Forderungen an ein Factoring-Institut; also eine professionelle Firma, welche sich diesem Finanzierungsbereich verschrieben hat. Das Institut prüft die Angelegenheit und zahlt dann dem Startup sofort die offene Summe – und kümmert sich danach darum, sein Geld bei dem Kunden wieder zurückzuholen. Typischerweise ist die ausbezahlte Summe um einen niedrigeren Prozentsatz geringer; das Factoring-Unternehmen möchte schließlich ebenfalls Geld verdienen.

Diese Finanzierungsform hat nebenbei den Vorteil, dass auf diese Weise die Eigenkapitalquote erhöht werden kann, was beispielsweise ein Booster sein kann, wenn es darum geht, aus anderen Quellen noch größere Mittel zu erhalten. 

Mezzanine

Eine Möglichkeit, sich frisches Geld in das Startup zu holen, wäre es, einen Investor auf regulärem Weg zu beteiligen. Allerdings ist das auch mit einer ganzen Reihe von Bedingungen verbunden. Vor allem: Der Investor kann typischerweise künftig großen Einfluss auf die Handlungsfreiheit des Gründers nehmen.

Zwar finanziell ähnlich aufgebaut, jedoch unternehmerisch völlig anders, ist dagegen Mezzanine-Kapital. Es bezeichnet eine Mischung aus Eigen – und Fremdkapital und erlaubt, die Fremdfinanzierung zu erhöhen. Als Kapitalgeber kommen hier sowohl Banken und Kreditinstitute, aber auch private Investmentunternehmen in Frage. 

So lässt sich Mezzanine Kapital beispielsweise einsetzen, um eigene Immobilienprojekte zu realisieren. Mit Hilfe von spezialisierten Anbietern kann flexibel und oft auch kurzfristig das Kapital dafür zusammengetragen werden das etwa von privaten Geldgebern oder Stiftungen stammt und zudem auch als reguläres Eigenkapital behandelt werden kann.

Der große Unterschied: Der Investor erhält meistens keinerlei Mitbestimmungsrechte. Stattdessen kann das System auf einer stillen Teilhaberschaft oder beispielsweise auch Genussrechten aufbauen – in Sachen Mezzanine-Kapital sind sehr viele Konstellationen möglich, wodurch sich selbst der Gedanke des eigenkapitalähnlichen Geldes hin zu einer fremdkapitalähnlichen Investition wandeln kann. 

Der große Vorteil hierbei ist, dass sich alles sehr flexibel und individuell gestalten lässt. Was die Vertragspartner genau aushandeln, bleibt ihnen überlassen. Dies kann sogar so weit gehen, dass sich Mezzanine-Kapital nur dadurch von einem regulären Bankkredit unterscheidet, dass der Geldgeber kein dem Bankenrecht unterliegendes Unternehmen ist.

stock.adobe.com © Marina Lohrbach

Schuldscheine

„I owe you“ – so kennt mancher Leser vielleicht den Schuldschein aus amerikanischen Filmen. Dort geht es allerdings meist um irgendwelche Schulden im privaten Bereich. Tatsächlich jedoch sind Schuldscheine auch ein veritables und seit einigen Jahren beliebtes Mittel, um als Unternehmer mehr Geld für Investitionen zu erhalten. 

Rechtlich unterscheidet sich der Schuldschein nicht von einem regulären Kredit. Der vollständige Begriff lautet daher auch Schuldscheindarlehen. Tatsächlich ist dies sogar eine der wenigen Möglichkeiten selbst für Startups, trotzdem an Gelder von Banken zu kommen. Diese Institute stellen nämlich typischerweise die Ansprechpartner dar. Das Prinzip verläuft folgendermaßen:

  • Das Unternehmen muss bilanziell gesund sein.
  • Es wird mit der Bank ein Vertrag abgeschlossen, hernach fließt Geld gegen den Schuldschein.
  • Die Bank kann den Schuldschein selbst behalten oder an andere Anleger weitergeben; etwa Investoren.

Dieser Weg ist vor allem für Startups interessant, denen es zwar wirtschaftlich gut geht, die aber aus irgendwelchen Gründen nicht dafür infrage kommen, klassische Anleihen herauszugeben oder Kredite zu erhalten. Da die Angelegenheit jedoch praktisch immer über Banken läuft, ist dies eben nichts für jedes Startup – außerdem werden Schuldscheindarlehen typischerweise erst deutlich jenseits der Millionengrenze vergeben; wer weniger braucht, bekommt diese Option meist nicht. 

Crowdfunding

Viel wurde bereits geschrieben zum Thema Crowdfunding. Allerdings begreifen viele Gründer es nur als Mittel, um überhaupt Startkapital zu bekommen. Das stimmt so allerdings nicht. Denn Crowdfunding kann grundsätzlich auch eine Möglichkeit sein, Mittel für weitere Investitionen zu erhalten. 

Allerdings muss natürlich abermals die Realität betrachtet werden: Die Crowd gibt typischerweise keine Gelder für „irgendwelche“ Investitionen. Das Startup, das auf diese Weise Geld erhalten möchte, muss deshalb schon gute Gründe vorweisen; das heißt, die Investition sollte einen Mehrwert bieten, der den meist privaten Geldgebern einleuchtet. Das kann beispielsweise darin bestehen, dass ein ohnehin beliebtes Startup eine ungeplant hohe Nachfrage durch Ausbau seiner Kapazitäten besser befriedigen möchte. Auch der Themenkomplex Umweltschutz und Nachhaltigkeit bietet aus Sicht vieler Geldgeber genügend Gründe, um selbst anfänglich etablierten Startups zusätzliche Mittel zu geben.

Ähnlich wie beim Startkapital kommt es also ebenso beim Investitionskapital darauf an, dass Gründer mit einer echten Vision und/oder einer Lösung für drängende Probleme überzeugen können. 

stock.adobe.com @Gorodenkoff

Leasing

Viele, die diese Zeilen lesen, werden Leasing ausschließlich mit einer einzigen Anwendung verbinden: Fahrzeuge. Ja, das ist natürlich ebenfalls Leasing. Es existiert jedoch darüber hinaus eine Spielart dieses Prinzips, die sich explizit mit den Geldern von Unternehmen befasst – eine erwiesenermaßen hierzulande sehr beliebte Variante im Mittelstand.

Dabei geht es hier weniger darum, frei nutzbares Geld für Investitionen zu beschaffen, als vielmehr darum, die hierbei nötige Hardware deutlich vorteilhafter zu erhalten – also, indem sie geleast wird. Das funktioniert so:

  • Ein Unternehmen benötigt irgendwelche Produkte zur Verbesserung/Vergrößerung seines Angebots.
  • Es wendet sich an einen Leasinggeber, der sich auf diese Form spezialisiert hat. 
  • Dieser Leasinggeber beschafft die erforderlichen Produkte auf eigene Rechnung und überlässt sie dem Unternehmen zur Nutzung.
  • Das Startup zahlt die Nutzung so, wie es vertraglich vereinbart wurde – an diesem Punkt unterscheidet sich das Prinzip nicht mehr vom Fahrzeugleasing.
  • Typischerweise erfolgt die Bezahlung entweder über feste Leasingraten oder einnahmeorientiert oder nutzungsorientiert.

Das hat vor allem in zwei Situationen eine wichtige Daseinsberechtigung:

  • Bei Maschinen, Anlagen und anderer Technik, die einer hohen Fluktuation unterliegen. Beispielswese, weil es sehr kurze Entwicklungszyklen zwischen maßgeblichen Verbesserungen gibt.
  • Bei Elementen, die normalerweise eine sehr lange Abschreibungsdauer aufweisen. In dem Fall kann durch einen kürzeren Leasingvertrag oft einiges an Geld gespart werden.

Titelbild: stock.adobe.com © NINENII

Autor: Marianne Schwarz

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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